"Bonbons mussten verteilt werden"
Bechtheims letzter Lehrer erinnert sich an die Anfänge der Wallrabensteiner Mittelpunktschule
(Bericht aus der Idsteiner Zeitung vom 16.07.2015 von Beke Heeren-Bradt)
„Vielleicht ist das Bechtheimer
Schulgebäude das mit der kürzesten Lebensdauer im
ganzen Land“, erzählt Karl Schröder,
letzter Lehrer von Bechtheim, der von 1965 bis 1969 den Betrieb der
Dorfschule in dem Hünstetter Ortsteil in einem nagelneuen
Gebäude aufrechterhielt, ehe seine Schüler und er
endgültig umzogen in die neue Mittelpunktschule in
Wallrabenstein. Die Einrichtung nahm vor 50 Jahren ihren Betrieb auf,
konnte zunächst jedoch nur die Bechtheimer Schüler ab
Klasse fünf zu ihren neuen Schülern zählen.
Schulverband
gegründet
Karl Schröder kam 1965 als junger Lehrer nach Bechtheim und
konnte ein neu gebautes Schulhaus beziehen. Denn bereits 1962 hatten
die Dörfer Wallrabenstein, Bechtheim, Beuerbach und
Ketternschwalbach einen Schulverband gegründet, um eine
Mittelpunktschule in Bechtheim nach damaligen modernen Gesichtspunkten
einzurichten.
„Doch das klingt einfacher, als es damals war“,
gibt Schröder zu bedenken. Denn der Verlust der Schule im Dorf
sei für viele der kleinen Dörfer in der Region auch
mit einem großen Imageverlust verbunden gewesen –
zumindest mit der Angst davor.
Treibende Kräfte bei der Gründung der neuen
Mittelpunktschule waren vor allem Wallrabensteins damaliger
Bürgermeister Herbert Jacobi und der Beuerbacher Lehrer Adolf
Kilb, die sich aus dem gemeinsamen Forstbetriebsverband kannten, zu dem
außer ihren beiden Orten auch Bechtheim und Ketternschwalbach
gehörten. „Herbert Jacobi war ein Förderer
der Schulen, für den Bildung etwas sehr Wichtiges
war“, erzählt Karl Schröder, der den
umtriebigen Bürgermeister und Gastwirt bald kennenlernte,
nachdem er in den Untertaunus gekommen war.
Gemeinsam mit den Landräten Vitense und dessen Nachfolger
Herbert Günther waren es Jacobi und Kilb, die die notwendigen
Beschlüsse herbeiführten für die
Gründung der Mittelpunktschule, deren Standort in
Wallrabenstein sein sollte. Dafür wurde der Beuerbacher Lehrer
Adolf Kilb Schulleiter, Ketternschwalbach bekam eine Lehrerwohnung und
in Bechtheim wurde das neue Schulhaus für die
Grundschüler gebaut.
„Bonbons mussten verteilt werden, damit das Projekt auch in
Gang kam“, schmunzelt Schröder über die
Verhandlungstaktik der Aktivisten von damals. Seine Informationen
stammen aus der sehr ausführlichen Bechtheimer Schulchronik.
Ereignisse
überschlagen sich
Mit dem Beginn des Schulbetriebs am 2. November 1965 ging die erste
Mittelpunktschule des Untertaunuskreises an die Arbeit mit 328
Schülern und elf Lehrern. „Aber es war von Anfang an
klar, dass die Schule zu klein war, denn auch die Dörfer
Strinz-Trinitatis, Limbach und Wallbach traten dem Schulverband bei und
schickten alle ihre Schüler 1965, 1966 wurde das
verpflichtende neunte Schuljahr eingeführt, die
älteren Schüler aus Wörsdorf und aus
Walsdorf kamen hinzu sowie alle Schüler aus Görsroth
und Kesselbach. „Es musste sofort an die Planung für
eine Erweiterung gegangen werden“, erzählt
Schröder. 1970 wurde eine Förderstufe eingerichtet,
1973 die Grundschule ausgegliedert – denn längst
waren auch alle Grundschüler der Ortschaften zu
Wallrabensteiner Schülern geworden. 1969 wurde Bechtheims
nagelneue Schule wieder geschlossen. Karl Schröder
unterrichtete ab da ganz in Wallrabenstein.
Das ehemalige Schulhaus beherbergt seitdem „Rosis
Restaurant“, wo Schröder gerne Gast ist:
„Irgendwie habe ich noch immer ein besonderes
Verhältnis zu diesem Gebäude“, sagt er
lächelnd.
Schulfest
1965 wurde Wallrabenstein Standort für eine
weiterführende
Schule. Dieses Jubiläum begeht die IGS mit mehreren
Veranstaltungen. Am
Donnerstag, 23. Juli, bildet das Schulfest den Höhepunkt der
Jubiläumsfeierlichkeiten. Unter anderem ist geplant, die
Entwicklung
des Schulstandortes in den letzten 50 Jahren in vielen Facetten
abzubilden.