Hackedicht - oder was?
Prävention kommt ohne erhobenen Zeigefinger aus
(Bericht aus der
Idsteiner Zeitung vom 21.05.2011
von Beke Heeren-Pradt)
"Ihr könnt alles machen, alles probieren, alles trinken, alles essen, alles
erfahren in eurem Leben - aber immer nur die Hälfte." Das ist eine der
Botschaften, die der Kabarettist, Komiker und Tänzer Eisi Gulp mit seinem
Programm "Hackedicht - oder was?" seinem jungen Publikum an der Integrierten
Gesamtschule vermittelt, ein Satz, der ihm in seiner Jugend von einem
chinesischen Lehrer ans Herz gelegt worden war.
"Hackedicht - oder was?" ist ein Kabarettprogramm über Alkohol- und
Drogenkonsum, das sich an Jugendliche wendet. Alarmierende Fallzahlen von
jugendlichen Opfern des Koma-Saufens und ein drastisch gestiegener
Alkoholkonsum bei Jugendlichen in den vergangenen Jahren brachten den
Deutschen Kinderschutzbund und seinen Partner, den Sozialversicherer
"Knappschaft", auf die Idee, mit einem Präventionsprogramm gegen
Alkoholmissbrauch auf eine Tour zu gehen, die vor allem in Schulen Station
macht. Im Oktober 2010 erfolgte der Startschuss. Seitdem tourt das Team um
Eisi Gulp, den man dazu als Künstler verpflichtete, durch Deutschland. Die IGS
Wallrabenstein ist eine von 36 Schulen, die besucht werden.
"Warum trinken wir Alkohol, rauchen wir Zigaretten oder Hasch?" Diese Frage
zieht sich durch das kurzweilige Programm, das auf seine ganz spezielle Art
und Weise und eben nicht mit dem erhobenen Zeigefinger daherkommt. Eine
1A-Tanzeinlage zum Auftakt lässt den Zuschauer, zumal den jugendlichen,
staunen. Jede Menge aberwitzige Bewegungen, perfekt im Rhythmus - mit
vordergründigen wie hintersinnigen Anspielungen: Kabarett mit dem Körper. Und
das zieht sich durchs gesamte Programm, das andererseits gleichwohl äußerst
wortgewaltig von seinem Publikum aus Acht- und Neuntklässlern Besitz ergreift.
"Wir wollen Glücksgefühle haben, locker sein, lachen", das sei ein
wesentlicher Punkt, weshalb Menschen zu Alkohol oder Drogen griffen, meint der
Bayer, der sich als Komiker bestens darauf versteht, sein Publikum zum Lachen
zu bringen - garantiert ohne Drogen.
Und das beweist er fast zwei Stunden lang, in denen er die Absurdität des
Konsums von Alkohol und anderen Drogen immer wieder darstellt und anprangert,
dass die sogenannten "legalen" Drogen Alkohol und Nikotin gesellschaftlich
akzeptiert sind, obwohl sie genauso Drogen seien mit gleichen Wirkungen und
Beeinträchtigungen wie andere, nicht legale Drogen. Wie kann ein Raucher, der
sich über das Nichtraucherschutzgesetz beschwert, von eingeschränkter
persönlicher Freiheit sprechen, wenn doch vor allem er in seiner Nikotinsucht
abhängig und unfrei ist? Wie kann es sein, dass nur der Konsum von Kokain auf
dem Münchner Oktoberfest ("Das weltweit größte Besäufnis.") einen Skandal
auslöst?
Gulps Vorstellung ist gespickt mit schauspielerischen Kabinettstückchen,
Sprachspiel und einer großen Sprachvarianz. Die unterschiedlichsten
Möglichkeiten in der Darstellung von Berauschten - Menschen in der
Unzurechnungsfähigkeit - beherrscht der Comedian bis ins Detail. Und er ist
nicht zimperlich in seiner Ausdrucksweise. Mit der drastischen Darstellung,
wie es einem Körper geht, der sich gegen zu viel Alkohol wehrt - und wo dessen
Mageninhalt endet, versucht er, die Absurdität unmäßigen Alkoholkonsums
plakativ zu zeigen.
Bei so viel Stimm- und Körpereinsatz Gulps, dazu in regem Austausch mit seinem
Publikum, stets spontan reagierend, kommen die anwesenden Lehrer des IGS ins
Grübeln, wie sie im Anschluss an die Veranstaltung ihren Unterricht gegen
solch professionelle Konkurrenz aufpeppen können.
Großer Aufwand - große Wirkung: Zwei Stunden ungeteilte Aufmerksamkeit für ein
auch in Wallrabenstein brisantes Thema waren garantiert.
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Stand: [AKTUZEIT] |