Viele Wege zur Nachhaltigkeit
Rund 160 Kinder und Jugendliche sind in Lauterbach dabei,
darunter
etwa 20 ausländische Gäste / Päckchen
für Paris
gepackt
(Bericht aus dem Lauterbacher Anzeiger vom 18.10.2015
von Tina Vonderheid)
Es ist eine bunte Mischung aus Kindern, Jugendlichen und
Erwachsenen, etwa rund 160, die beim internationalen Jugendklimagipfel
in der Lauterbacher Schule an der Wascherde dabei ist. Doch es sind
nicht nur Teilnehmer aus dem gesamten Gebiet der Evangelischen Kirche
Hessen-Nassau (EKHN), auch rund 20 ausländische Gäste
aus Finnland, Spanien, Tschechien, Burundi, Irland und Norwegen sind
mit dabei. Sie sind für eine ganze Woche zu Besuch im
Vogelsberg, während die Gipfel-Teilnehmer nur Samstag und
Sonntag in Lauterbach sind. Gestartet wird am Morgen mit einem
gemeinsamen Gottesdienst in der evangelischen Stadtkirche, bevor das
Tagesprogramm an der Wascherde losgeht.
Dekanatsjugendreferentin Kristina Eifert freut sich, "dass auch sehr
junge Leute dabei sind, die über Politik mitdiskutieren
wollen. Leider ist es bei uns etwas chaotisch, aber das gehört
einfach dazu." Durch die Unterbringung der rund 300
Flüchtlinge in der angrenzenden Großsporthalle habe
man etwas umplanen müssen.
Doch dann steht dem vielfältigen Tagesprogramm nichts mehr im
Weg und Nathan Hüsken, Konrad Lamour und Moritz Vondano vom
Improvisationstheater "Kopfsalat" sorgen gleich für die
richtige Stimmung im Saal. Es ist erstaunlich zu sehen, wie gekonnt die
drei die Zwischenrufe des Publikums immer wieder in ihre Nummern
einbauen und die Jugendlichen haben großen Spaß
dabei. Gemeinsam wird die Geschichte von Schnabeltier Horst und Schwan
Volker kreiert, die sich eigentlich hassen und letzten Endes doch ihre
Gefühle füreinander entdecken.
Schließlich übernimmt das Moderatorentrio Victoria,
Julia und Maja das Mikrofon und hat für die geladenen
Gäste einige knifflige Fragen parat. Dabei sind Martin Rabanus
(SPD-Bundestagsabgeordneter aus dem Rheingau-Taunus-Kreis), Dieter
Janßen von der Lauterbacher Stadtverwaltung, Dr. Christoph
von Carlowitz, Leiter des Vorstandsstabs der GLS Bank, Reiner Mathar
vom hessischen Kultusministerium, Erster Kreisbeigeordneter Peter
Zielinski, Extrembotaniker Jürgen Feder und Dr. Brigitte
Bertelmann vom Zentrum gesellschaftliche Verantwortung der EKHN. Wissen
wollen die Jugendlichen nicht nur, was der Beruf der Befragten mit
Nachhaltigkeit zu tun hat, sondern beispielsweise auch, ob es
einschneidende Ereignisse gegeben hat, die sie zum Umweltschutz
gebracht haben oder welches ein peinliches Kindheitserlebnis war. Genau
wie bei anderen Konferenzen wird auch hier für die
internationalen Gäste übersetzt, so dass sich die
Fragerunde ein wenig in die Länge zieht und im Anschluss
erstmal alle den veganen Essensstand belagern.
Dann muss man sich entscheiden: "Gehe ich lieber in ein
Diskussionsforum zu 'Digitale Jugend und Nachhaltigkeit', backe ich
veganen Kuchen oder nähe ich eine Handytasche?" Keine leichte
Aufgabe, denn die Möglichkeiten, die der Nachmittag mit seinen
vielen Workshops und Foren bietet, sind sehr vielfältig.
Eine gute Anlaufstelle ist der Markt der Möglichkeiten, wo es
an den verschiedenen Stationen um CO2-Ausstoß,
Papierherstellung, aber auch fair gehandelte Produkte und Bienenhaltung
geht. An einer Station stehen sechs Fahrräder und gemeinsam
können die Radler nicht nur die Musik zum Laufen und eine
Glühbirne zum Leuchten bringen, wenn sie eifrig genug
strampeln, läuft der Mixer und es gibt einen Apfelsaft oder
Bananenmilchshake zur Erfrischung. Die Albert-Schweitzer-Stiftung
informiert über Tierhaltung und vegane Ernährung und
am Stand des Ausbildungszentrums für Natur- und Umweltbildung
Vogelsberg wird den Besuchern ins Bewusstsein gerufen, wieviel
Rohstoffe für je ein Frischfaser- und ein Recyclingheft
verbraucht werden müssen.
Physiker Kai Noeske erklärt den Effekt von Treibhausgasen und
im Workshop Improvisationstheater dürfen alle ihrer
Kreativität freien Lauf lassen. Auch ein Blick in die
Lehrküche lohnt sich, denn hier wird nicht nur gebacken,
sondern aus Obst auch Marmelade hergestellt. Mit Extrembotaniker
Jürgen Feder geht es auf Exkursion, um zu schauen und zu
probieren, welche Pflanzen rund um die Wascherde wachsen. Beim PC-Spiel
Mindcraft wird eine virtuelle Stadt gebaut und bei Capoiera, einem
afro-brasilianischen Kampftanz, kann man seine
Körperbeherrschung trainieren.
Dass für alle Altersklassen etwas dabei ist, zeigt das
Gespräch mit dem Religionskurs von Julia Speck. Die
Fünftklässler der Alexander-von-Humboldt-Schule sind
die jüngsten Teilnehmer des Gipfels, die großen
Spaß haben. "Ich fand den Poetryslam sehr interessant",
erzählt Louis. Tobin findet das Stromerzeugen mit dem Fahrrad
toll und hat sich über Tierschutz informiert. Vinzent hat wie
einige andere Säfte an der FairMischBar ausprobiert: "Wir
konnten aussuchen, was wir reinhaben wollen und alles ist Fairtrade.
Das heißt, dass die, die Bananen pflücken, auch gut
bezahlt werden." Marie findet den Gottesdienst sehr schön:
"Ich fand es cool, dass auch da schon Ideen gesammelt wurden, mit
Sachen, die man verbessern kann." Anna und Clara waren beim
Improvisationstheater: "Da musste man sich schon trauen. Aber es hat
viel Spaß gemacht."
Auch bei den ausländischen Gästen fällt die
Bilanz sehr positiv aus. Vanessa, Vanla, Anni-Maria und Oona kommen aus
Finnland und sind alle zwölf Jahre alt. "In Deutschland
gefällt es uns richtig gut und mit der Sprache ist es auch
kein Problem. Wir verstehen zwar kein Deutsch, aber Englisch und das
klappt gut", erzählt Vanessa. Sie haben an diesem Samstag fast
alles ausprobiert und haben großen Spaß. "Wir
würden gerne länger bleiben", erklären die
vier Mädchen.
Ähnlich empfinden es auch Abel, Carlos und ihr Betreuer
Jesús aus Spanien, die Lauterbach ganz toll finden. "Es ist
eine tolle Stadt, die Gebäude sind so anders als in Spanien",
meint der 15-jährige Abel. "In Spanien gibt es solche
Veranstaltungen nicht, es ist eine gute Gelegenheit zum Austausch mit
anderen Ländern. Wir haben einen guten Kontakt mit den Finnen
und Tschechen", ergänzt Jesús. Der
16-jährige Carlos würde gern noch ein paar andere
Städte besuchen während des Aufenthalts.
Großen
Spaß haben Tom, Argjent und Brian von der
IGS Wallrabenstein bei den Diskussionsforen, wo sie auch eifrig
mitdiskutiert haben, außerdem beim Ausprobieren der
Wärmebildkamera. Ihr Lehrer Ingo Ostwald erklärte
"Unsere Schule ist bereits Umweltschule und wir wollen Fairtradeschule
werden. Deshalb wollten wir uns hier ein paar Anregungen holen."
Bei der Klimaparty am Abend wird nicht nur gefeiert, es wurden auch die
ersten Päckchen für Paris gepackt. Außerdem
informiert Jürgen Feder über die vielen
Pflanzenarten, die er in ganz Deutschland aufspürt. Die
Mittelalterband Zwiebelgeschmack lockt viele auf die
Tanzfläche, die dort nach einem langen und informativen Tag
ihre letzten Energien mobilisieren. Die Moderatorinnen Lotta und Luisa
sind nach dem langen Tag zwar erschöpft, aber auch zufrieden
mit dem Verlauf des Tages. "Es war echt super", fasst es Luisa zusammen.
In das Päckchen für Paris werden dann verschiedene
Dinge aus den Workshops des Tages gepackt, wie zum Beispiel Marmelade,
eine Handytasche oder wilde Karden, die Jürgen Feder
beisteuert. Im Laufe der Woche werden die Jugendlichen noch weitere
Ideen und Anregungen sammeln, die sie den Politikern für den
Klimagipfel in Paris zukommen lassen wollen. Denn die Zeit ist reif und
sie wollen mitmischen...
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Stand: [AKTUZEIT] |